Anfänge der Post in Hennigsdorf
Teil 2
Eine weiteres Zeitbild
„ D. Anton Friderich Büsching Königlich Preußischer Oberconsistorialrath Beschreibung seiner Reise von Berlin nach Kyritz in der Prignitz, welche er vom 26sten September bis zum 2ten October 1779 verrichtet hat Leipzig, bey Johann Gottlob Immanuel Breitkopf. 1780 „ „ Als wir weiter kamen, lag uns zur Linken an der Havel das Dorf Heiligensee, und zur Rechten hatten wir Wald, fuhren auch durch einen Strich des letzten, und nahmen eine Tafel wahr, an welcher bey Festungs-Strafe verboten war, Taback in dem Walde zu rauchen, und kurz vorher steckte unser Postknecht seine Pfeife in die Tasche. Endlich erreichten wir das Zoll-Haus Neubrück an der Havel. An diesem Ort musste man sich ehedessen in einem Kahn über die Havel setzen lassen, 1506 aber ward hier ein Damm, eine Brücke und ein Zollhaus angelegt. Ein Fußgänger giebt 6 Pf. Zoll, von uns aber wurden 7 Gr. 10 Pf. verlangt. Wir sahen an dem Zollhause eine Tafel befestigt, auf welcher jedermann ermahnt wird, den königlichen Zoll willig abzutragen.“
Der Postillion
Das Postwesen der Vergangenheit wird in manchen Liedern besungen. Wer kennt sie nicht, die Liedstrophe:
„ Hoch auf dem gelben Wagen sitz ich beim Schwager vorn;
vorwärts die Rosse traben, lustig schmettert das Horn.
Täler und Wälder und Matten, leuchtendes Ährengold,
möchte gern ruhen im Schatten; aber der Wagen der rollt. „
Erste Post ab 1817 in Hennigsdorf
Eine gewerbsmäßige Postversorgung für die Hennigsdorfer und Umgebung brachte die Einrichtung der Posthalterei im Jahre 1817, die sich an der Hauptstraße neben der Kirche befand. Briefe, Karten und Pakete konnten abgefertigt werden, auch die Beförderung von Reisenden war möglich.
Ansicht der evangelischen Kirche und des Pfarrhauses
( 20er Jahre ) Hauptstraße 1. Im Seitenflügel auch als späterer „ Luthersaal“ bekannt, befand sich die Posthalterei von 1817 bis 1877, danach weiterhin die Postagentur von 1877 bis 1910. 1917 wurde die Gaststätte „ Deutscher Kaiser „ nach dem Explosionsunglück im August stark beschädigt. Gastwirt Böhmer verkaufte den Gebäudekomplex an die Kirche. Ab 1917 wurde das Gebäude zum Sitz des evangelischen Pfarrers Lauterbach umgebaut. An der Station in Hennigsdorf war Pferdewechsel möglich und zugleich war es Raststätte für die Reisenden.
Alte Dorfschmiede
Von der reisenden Post hatte die seit 1819 eingerichtete
Dorfschmiede an der Chausseestraße ihren Nutzen. Die Fahrt auf den schlechten Wegstrecken forderte Tribut; Hufbeschlag und die Reparatur von Verschleißteilen an Fuhrwerken sicherten daher dem Dorfschmied ein reichliches Auskommen. Heute ist die einstige Dorfschmiede ein denkmalgeschütztes Objekt, eine mächtige Eiche dieser Gründungszeit ziert das Anwesen an der Berliner Straße.
Wie Hennigsdorf sich wandelt
Es sollten noch etliche Jahrzehnte vergehen, ehe der technische Fortschritt auch Hennigsdorf erreichte, wohnten doch in der dörflichen Idylle im Jahre 1821 lediglich 236 Personen, im benachbarten Nieder Neuendorf gerade 170 Bewohner. Eine Zeitreise 130 Jahre zurück vermittelt die Wandlung des Dorfes zum Industrieort. Nach dem Krieg 1870/71, welcher in der Auseinandersetzung Preußen gegen Frankreich zu Gunsten Preußens ausging, belebte sich die Wirtschaftslage. Die Ausrufung des Deutschen Reiches 1871 förderte nachhaltig den Bauboom im Berliner Raum. Ziegel – und Ofenfabriken der Mark schafften Lohn und Brot für Tausende. Für Hennigsdorf wurde die Errichtung der Ziegeleiindustrie nach 1868 in der Gründerzeit zu einem wichtigen Wirtschaftsfaktor, als die Nachfrage von keramischen Erzeugnissen für Wohn – und Gesellschaftsbauten anstieg.
Eine Postagentur für Hennigsdorf
Mit der Wirtschaftsentwicklung in der Gemeinde, besonders durch die Ziegelei an der Havel begünstigt, konnte die kleine Posthalterei nicht Schritt halten. Inzwischen hatte sich in Hennigsdorf die Einwohnerzahl im Jahre 1861 gegenüber 1821 auf 400 Personen erhöht. Auf Drängen der Anlieger an die Post, wurde das kleine Postamt Hennigsdorfs im Jahre 1877 in eine Postagentur mit Telegraphenbetrieb umgewandelt. Der Telegraphenverkehr der Hennigsdorfer Gemeinde wurde über das Telegraphenamt Tegel organisiert. Zum Ausgang des 19. Jh. gab es in Hennigsdorf nur wenige Telefonanschlüsse, hauptsächlich die Ziegelei August Burg sowie Gaststätten und Gemeindeverwaltung nutzten die Vorzüge der neuen Technik. Wesentlichen Aufschwung für das Postwesen Hennigsdorfs brachte die Gründung der Holzindustrie durch den Hennigsdorfer Bauunternehmer August Conrad im Jahre 1897. Heute, über ein Jahrhundert Rückschau haltend, hat die Bautätigkeit der Firma August Conrad eine Vielzahl von Bauten im Stadtbild hinterlassen. Dazu gehört als Baudenkmal aus der Zeit von 1907 das alte Rathaus an der Hauptstraße 3. Überhaupt haben die ersten Industriegründer, August Burg und August Conrad, bis zum Jahre 1910, bevor sich die AEG in Hennigsdorf niederließ, das Dorf aus der Bedeutungslosigkeit geführt. Impulse der Gründerzeit Berlins förderten auch den Bevölkerungszuwachs im dörflichen Umfeld. Um 1801 betrug die Wohnbevölkerung in Bötzow 511, in Kremmen 1774, in Hennigsdorf 226 Personen. Bereits 1910 verzeichnete die Statistik für Bötzow 964, für Kremmen 2785 und für Hennigsdorf 2454 Einwohner. Beeindruckend ist die Zuwachsrate für die Ofenstadt Velten, wo 1801 gerade 302 Bewohner gezählt werden, 1910 ist die Einwohnerzahl auf 7122 Personen gestiegen.